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Ein Lebenswerk ohne Ende

Dass ein Lebenswerk nicht mit dem Tod des Gründers endet, dafür steht das Unternehmen Kottmeyer aus Harsewinkel. Jörg und Sven Kottmeyer haben es viele Jahre gemeinsam mit ihrem Vater Hans-Dieter geführt, der 2019 verstarb. Vor seinem Tod hat sein Enkel ihm ein emotionales Versprechen gegeben.

Dass ein Lebenswerk nicht mit dem Tod des Gründers endet, dafür steht das Unternehmen Kottmeyer aus Harsewinkel. Jörg und Sven Kottmeyer haben es viele Jahre gemeinsam mit ihrem Vater Hans-Dieter geführt, der 2019 verstarb. Vor seinem Tod hat sein Enkel ihm ein emotionales Versprechen gegeben.

Eigentlich ist es nur eingerahmtes Bild an der weißen Wand am Empfang. Doch der Blick bleibt am Schwarz-Weiß-Porträt des Mannes hängen. Das charismatische Lächeln ist eins der Art, das die Augen mitlächeln lässt. So eins, das tiefe Falten, die von einem arbeitsreichen Leben erzählen könnten, in den Hintergrund treten lässt. „Das ist der Unternehmensgründer, Hans-Dieter Kottmeyer“, erklärt Anika Küster, die sich um Marketing und Unternehmenskommunikation kümmert. Sie hat den Gründer, der 2019 verstorben ist, nicht mehr persönlich kennengelernt. „Aber es kommt mir manchmal so vor, als ob ich ihn kennengelernt hätte“, sagt sie. Denn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet, das Unternehmen gemeinsam aufgebaut – und machen auch in seinem Sinne weiter. „Er ist in vielen Gesprächen weiterhin präsent“, sagt sie. Auch in unserem. Das führen wir mit Jörg Kottmeyer, seinem Sohn. Auf dem Weg dahin gibt Anika Küster einen Einblick in die verschiedenen Bereiche des Unternehmens: In einem Lagerraum für Oberflächenveredelung parken mächtig große Maschinen. Wir kommen an einer Tür vorbei, hinter der die Ausrüstung für Schädlingsbekämpfung lagert. Daran zu erkennen, dass an der Tür einige kleine Steckbriefe mit Foto von Ratte, Kakerlake und Co. hängen. Ein frischer Waschmittel-Duft steigt uns im Bereich für die Gebäudereinigung in die Nasen. Hier drehen gerade unzählige Aufnehmer in einer Waschstraße aus reihenweise Gewerbewaschmaschinen ihre Runden. Bevor es in den Besprechungsraum geht, machen wir noch einen Abstecher in die Tischlerei, wo Formen für Betonelemente wie schicke Bänke entstehen. Jörg Kottmeyer holen wir in seinem Büro ab. Er leitet die Unternehmensgruppe mit seinem Bruder Sven. An die Gründung der damaligen Gebäudereinigung, die sich im heimischen Wohnzimmer ereignete, kann sich der 47-Jährige, der damals fünf Jahre alt war, nicht mehr so recht erinnern. Aber umso besser an alles, was danach kam. „Der Kellerraum mit Teppichboden war das Büro, in dem meine Mutter arbeitete“, sagt er. In dem Kellerraum ohne Teppich waren nebenan die Materialien untergebracht. Schon im ersten Jahr wurden drei Mitarbeiter eingestellt. Einer von ihnen leitet heute den Firmenstandort in Emsdetten. Als 14-Jähriger durfte Jörg Kottmeyer das erste Mal mit den Kollegen rausfahren. „Es ging zum Schulzentrum Ost in Gütersloh. Ich durfte Schmutzwasser schleppen und neues Wasser holen“, erinnert sich der ausgebildete Groß- und Außenhandelskaufmann, Gebäudereiniger und Gebäudereinigermeister. Doch er entdeckte schnell, dass der Job noch mehr zu bieten hat. Insgesamt findet er, dass der Job des Gebäudereinigers mehr Wertschätzung verdient hätte. Denn ohne Gebäudereiniger läuft oftmals gar nichts, zum Beispiel im Krankenhaus. „Man arbeitet oft an außergewöhnlichen Orten, in spannenden Projekten und lernt interessante Menschen kennen.“ Und es sei viel mehr als putzen: „Das ist ein vielseitiger Ausbildungsberuf, in dem es viele Entwicklungsmöglichkeiten gibt.“ Das gilt auch für die Mitarbeiter im Familienbetrieb, die sich in den einzelnen Bereichen gegenseitig unterstützen und alles einmal ausprobieren können. Als Beispiel nennt er eine Kollegin, die in der Gebäudereinigung angefangen hat und nach Aus- und Weiterbildung heute Teamleiterin ist. „Wir haben die Kollegin damals angesprochen und diesen Weg gemeinsam geschafft.“ Anika Küster war vor ihrer Zeit bei Kottmeyer auch in Konzernen tätig und schätzt besonders die familiäre Atmosphäre sowie die kurzen Kommunikations- und Entscheidungswege. „Man kann jederzeit an die Tür klopfen. Ein ,Es passt gerade nicht‘ habe ich bis jetzt noch nie gehört.“ Dass die Leitungsaufgaben klar unter den Brüdern verteilt sind, hat nicht nur den Vorteil, dass die Mitarbeiter immer wissen, wen sie zu welchem Thema ansprechen können. Die Regelung ist auch vorteilhaft für den Familienfrieden. „An einen richtigen Streit kann ich mich nicht erinnern“, sagt Jörg Kottmeyer und lacht. Das Unternehmen mit dem Bruder zu leiten, habe eher viele Vorteile. „Wir haben viel zusammen aufgebaut und verfolgen das gemeinsame Ziel, ein qualifizierter Arbeitgeber zu sein.“ Und das Miteinander gibt auch Halt in schweren Stunden, zum Beispiel als 2019 der Vater starb. Wie soll man einfach weitermachen, wenn der, mit dem alles begann, plötzlich nicht mehr da ist? „Wir haben das zusammen mit den Kollegen geschafft“, erinnert sich Jörg Kottmeyer. Für viele Kollegen, die ihn schon von klein auf kennen, ist er übrigens nicht Herr Kottmeyer, sondern „einfach nur der Jörg – und das ist auch gut so“. Respekt spiegele sich im Verhalten wider und nicht in der Anrede. Und spätestens auf internationalem Parkett, auf dem er genauso wie viele Mitarbeiter oftmals unterwegs ist, spiele die Anrede sowieso keine Rolle. Ein kleiner Trost für den engagierten Radsportler beim RSV Gütersloh ist, dass sein Vater die Feierlichkeiten zum 40- jährigen Firmenbestehen miterleben durfte und ein „echt cooles Geschenk“ von den Kollegen bekommen hat: einen Meilenstein mit allen wichtigen Stationen seines Lebenswerks. Dazu kam ein überraschendes Versprechen vom damals elfjährigen Sohn von Jörg Kottmeyer an seinen Opa. „Mein Sohn hat meinem Vater versprochen, dass er weitermacht.“ Das stehe ihm natürlich frei, sagt Jörg Kottmeyer. Pläne hat er allerdings schon geschmiedet. „Kürzlich hat er zu mir gesagt, ob er nicht Chef in der Holzerei werden könnte, damit war die Tischlerei gemeint“, sagt Jörg Kottmeyer und lacht. Eine Idee, die sicher auch bei seinem Opa für ein Lächeln der Art wie auf dem Porträt am Empfang gesorgt hätte.

Monika Dütmeyer, NW vom 10. November 2021, Mit Genehmigung der Neuen Westfälischen